Die Schulgemeinschaft reagierte mit Trauer und Bestürzung, als am 6. Februar die ersten Nachrichten aus den Erdbebengebieten eintrafen. Kommen doch viele unserer Schülerinnen und Schüler eben aus diesen Ländern, haben Verwandte oder Freunde vor Ort. Sofort wurde eine Spendenaktion initiiert.
Martin Raetz, seit vielen Jahren Fachkoordinator Sport an der Gretel, hatte vor einer Woche eine geniale Idee: Mit einer „bewegten Aktion“, die genau den Zeitraum vom ersten bis zum zweiten Beben umfasst, sollte der Pulsschlag der Spendenaktion noch höher getrieben werden. Sportbetonte Schule eben.
Los ging‘s. Binnen sieben Tagen wurde mit einem vielköpfigen Koordinationsteam das Event vorbereitet, Ergometer zum Laufen und Radfahren besorgt, Kuchenspenden organisiert, Poster und Plakate kreiert (Danke 12c!) Ablaufpläne geschmiedet, Sponsoren aus dem Stadtteil akquiriert und, und, und. Was dann heute herauskam, ist ein Event für die Geschichtsbücher der Gretel-Bergmann-Schule.
An dieser Stelle stockt der Autor. Wie bitte? Die wollen sich jetzt selbst feiern? Ein klares Nein. Das Motiv der aktiven Hilfe für die fast 50 000 Todesopfer, für die unzähligen Verletzten und 25 Millionen direkt und indirekt Betroffenen steht eindeutig im Vordergrund. Aber wir freuen uns als Stadtteilschule und Schulgemeinschaft sehr über das Wie des heute Erreichten.
Der 22. Februar, 4.17 Uhr, der Start
Die Nacht war kurz für die Schüler:innen des Oberstufensportprofils. Die 13a hatte selbige bereits in der Schule verbracht und stand um vier Uhr kurz vor ihrem (Nacht-)Schichtantritt. Die Schüler sind die ersten, die Punkt 4.17 Uhr morgens auf die Ergometer steigen. Ab jetzt stehen die Geräte nicht mehr still, jeder Kilometer wird in Spendengeld umgesetzt. Die Schulleiterin Anja Oettinger und ihr Stellvertreter Andreas Alfers geben hierfür den Startschuss. Auch sie sind bereits im Superfrühdienst.
Der Moderator des Spendenevents, Mario Schulmann, ist ebenso seit 4.00 Uhr vor Ort aktiv und begeistert mit seiner Playlist, coole Beats und Bässe motivieren die Schüler:innen der 9a, die sich freiwillig zur Superfrühstunde um 6.50 eingefunden haben und das erschöpfte Sportprofil ablösen. Eltern kommen vor der Arbeit vorbei und spenden „schonmalso“. Unsere Cop4U, Maren Suer, auch früh unterwegs, wirft prüfende Blicke auf die Geräte und versprüht anschließend ihre gute Laune in der Pausenhalle der Großen Gretel, die nun richtig voll wird. Na klar, ist ja gleich Unterrichtsbeginn!
Dann geht es in die heiße Phase. Das Buffet wird eröffnet. Unzählige Spender bestückten es. Die 9d mit Cig Köftes, gesunde Snacks aus der van der Mark-Klasse und: unzählige Varianten von Eltern-, Schüler:innen-, Sekretariatsmitarbeiterinnen-Kuchen füllen Meter um Meter. Am Ende bleibt tatsächlich nahezu nichts übrig. Alles wegverkauft von den Damen aus dem Schulbüro und aktiven Elternteilen. Danke an alle Käufer:innen!
Parallel stellt unser Schulkantinen-Caterer, Kunterbunte Küche e.V., eine Softeis-Maschine auf und vier liebe Mitarbeiter als Personal. Kostenlos! In der Folge verkaufen sie 500 Softeis. 570 Euro fließen allein dadurch in die Erdbebenhilfe. Danke an alle Käufer:innen!
Die Presse kommt. Die Bergedorfer Zeitung schickt eine junge Redakteurin, die sich sympathisch Stimmen einholt, um einen ihrer ersten Artikel zu schreiben. Der NDR rückt mit Redakteurin, Praktikantin (Marie, 15), Ton- und Kameramann an. Schüler:innen werden laufend oder radelnd auf den Ergometern gefilmt. Aufregend. Schulleiterin Öttinger gibt ein Interview für das Hamburg Journal am Abend, Schüler:innen der 13c üben sich in der Wettervorhersage für den morgigen Donnerstag. Auch aufregend. Und lustig!
Und währenddessen: Klassen aus allen Jahrgängen kommen in die Aula und die Schüler:innen laufen und radeln wie verrückt und gleichzeitig beseelt ob des Wissens, jeder Kilometer bedeutet Hilfe für die Erdbebenopfer in Syrien und der Türkei. Die Pädagogen:innen beobachten dieses unglaubliche Engagement ihrer Kids und spüren die besondere Atmosphäre an diesem Tag. Alle, wirklich alle, unterstützen kompromisslos das gemeinsame Ziel.
Auch von außerhalb der Gretel kommt Unterstützung. Elsbeth Korff steht plötzlich inmitten des Trubels der Aula. Ganz schön laut, die Musik, sagt sie. 82 Jahre alt sei sie, gelernte Pianistin und immer noch aktive Klavierlehrerein. Sie sei hier mit einer Freundin verabredet. Man habe von der Spendenaktion gelesen und wolle natürlich unterstützen als Schulnachbarn. Auch aus dem Quartier kommen hilfsbereite Menschen in die Gretel. Wahnsinn. Andreas Alfers führt die Damen aus. Es gibt Eis!
13.24 Uhr: Zeit des zweiten Bebens
13.20. Die Zeit läuft runter. Mario, der Marathonmoderator, ist nach über neun Stunden „Arbeit“ bodennah leicht erschöpft. „Die Füße tun ein bisschen weh“. Das tut seiner Eloquenz aber keinen Abbruch. Er managt auch die letzten fahr- und laufbereiten Schüler:innen mit viel Empathie und Motivation durch ihr Spendensportprogramm. 13.24 Uhr. Zeitpunkt des zweiten Bebens am 6. Februar. Die Ergometer stehen still. Nun darf gezählt und zusammengerechnet werden.
Es kommen tatsächlich annähernd 3000 Euro zusammen. Völlig verrückt. Damit hat niemand gerechnet. Auch nicht Martin Raetz. Seine Idee, sein kompromissloser Impuls ans Kollegium via iServe, der Kommunikationsplattform der Gretel, war überaus erfolgreich. Das Spendengeld wird kein Trost für das Leid und die Trauer sein für die Menschen in den Erdbebengebieten. Aber es hilft vielleicht in dem Moment, wenn es gilt, wieder nach vorn zu schauen.
Martin Raetz‘ Idee hat auch die Gretel mal wieder so richtig in ihrem Wesenskern strahlen lassen. Das Spenden-Event brachte die ganze Schulgemeinschaft für eine uneigennützige Challenge zusammen. Diese Herausforderung bestand die Gretel in jeder Hinsicht, mit Bravour und großem Erfolg. Sie zementierte ihre Ur-Eigenschaften: Teamgeist, Solidarität und Zuversicht. Das haben heute alle gespürt. "Dafür liebe ich die Gretel, genau für diese Aktionen.“ Hosna aus der 13c brachte den Tag damit auf den Punkt.
Die Spendenaktion der Gretel läuft weiter
Mindestens bis in den März hinein steht ein Spendenglas im Kassenbereich der Haspa am Fleetplatz – für alle, die noch nicht gespendet haben oder einfach noch mehr geben wollen. Ein großes Dankeschön an die Haspa und überhaupt an alle unsere Partner der Aktion „Gretel hilft! – Erdbebenhilfe für die Türkei/Syrien.
Der Weg der Spenden:
Wir haben uns entschieden, die Geldspenden der bekannten „Aktion Deutschland Hilft“ zu überweisen, um sicherzustellen, dass die finanzielle Hilfe die Richtigen schnell erreicht.
Presse
Gretel im NDR Hamburg Journal (22.2.23, 19.30 Uhr)
Bergedorfer Zeitung, Artikel, 23.02.23