Der Wille zur Eroberung von Bühnen gehört ziemlich sicher zu ihrer DNA. Dabei ist sie äußerst friedfertig, gerade in diesen Zeiten. Was sie anfasst, wird im Ergebnis immer bunt und spektakulär. Sie ist ihren Schülerinnen und Schülern immer zugewandt und unterstützend. Sie erwartet dennoch einiges. Ohne Fleiß, kein Preis. Ihr Lebensmotto gibt sie an ihre Schützlinge weiter. Ihr Hobby ist auch ihr Teil ihres Berufs, es ist eindeutig Teil ihrer Seele, ihres Herzens. Es ist der Tanz.
Milana Nudelmann ist seit vielen Jahren schon an der Gretel-Bergmann-Schule tätig. Sie unterrichtet die Sprachen Russisch und Ukrainisch, Deutsch als Zweitsprache (DaZ) sowie das Fach Gesellschaft. Ihr Lieblingsfach ist aber Theater. Es kommt ihrem Wesen entgegen. Ausdruck, Bewegung, Präsenz, Ästhetik und: Tanz. Das Wort allein versetzt Milana Nudelmann bereits in Schwingung. Schuhe aus, Fläche gesucht, Bühne definiert. Eroberung!
Diese Begeisterung für Bewegung und Tanz überträgt die in Czernowitz (Ukraine) geborene Theaterlehrerin unmittelbar auf ihre Schülerinnen und Schüler. Ihr Strahlen und ihre Aura sind stärker als pubertäre Schamgrenzen. Die Schüler trauen sich etwas, zeigen Wertschätzung und Selbstwertgefühl.
Die Schüler folgen ihr, in der Gewissheit das Richtige für sich selbst zu tun und dem Wunsch, andere zu begeistern und mitzureißen. So erobern Milana Nudelmanns Tanztheatergruppen beständig und mit großem Erfolg die Bühnen auf dem alljährlichen Tag der Talente (Schulfest), dem Sommerfest auf dem Fleetplatz oder kürzlich die Junge Bühne Bergedorf im Rahmen des Theaterfestivals. Das Engagment von Nudelmann ist gold wert für die Außendarstellung einer Schule.
Für die Aufführungen gibt die zweifache Mutter und einfache Großmutter immer alles. Nicht nur pädagogisch, tänzerisch und choreografisch. Gerade traditionelle Tänze werden mit detailgetreuen Kostümen ausgestattet, für dessen zum Teil eigenhändige Produktion viele Nächte und noch mehr Liebe aufgewendet wird.
Liebe war es allerdings anfangs nicht, als Milana Nudelmann zum Tanz kam. Ihre Eltern brachten sie, gerade fünfjährig, zum Ballett. Damals, noch zu Sowjetzeiten, standen Strenge, und Perfektionismus ganz oben im Trainingsplan. Völlig überzogen sei das gewesen, begründet Nudelmann heute die anfängliche Abneigung.
Allerdings, so Nudelmann, sei die Disziplinnummer der harten, russisch geprägten Ballettschule, schon irgendwie förderlich für ihre weitere Tanzkarriere gewesen. Auch ihren Schülerinnen und Schülern vermittelt sie auch heute gern noch das ehrgeizige Credo vom Fleiß und dem Preis. Und das, so Nudelmann, helfe auch den heutigen Kindern und Jugendlichen.
Als junge Erwachsene erlernte Milana Nudelmann den Grundwortschatz der „Sprache des Tanzes“, wie sie erklärt. Vom Ballett ging es schnell zu sportlicheren, moderneren Tanzformen. Sie landete beim Volkstanzensemble "Yunost" in Czernowitz. Dann kam das Millenniumsjahr 2000. Auswanderung nach Deutschland. Hamburg. Bei Grazia in Bergedorf findet sie vorerst ihre tänzerische Heimat.
Die berufliche Weiterbildung und ihre fortschreitende Integration in die Lehrerinnentätigkeit lenkt sie schnell auf das Fach Theater, das in der Lessingstadt Hamburg besonderes Gewicht besitzt. Den Besuch der Lola Rogge Schule absolviert sie berufsbegleitend. TanS, Tanz an Schulen, nennt sich ihre Zusatzqualifikation, die vor allem modernen Tanz beinhaltete, aber auch Improvisation.
Der Gin wurde aus dem Krug gelassen, so drückt Nudelmann es volksweisheitlich aus, die Kombination Tanz und Theater wurde zur absoluten Leidenschaft. Eine umfassende, zweijährige Weiterbildung zur zertifizierten, prüfungsberechtigten Theaterpädagogin eröffnete noch weitere Zielperspektiven. Der richtige Zeitpunkt, der richtige Ort, die richtigen Menschen. Ein Choreograf entdeckte ihre Passion und ihr Können. Eine Einladung ins Hamburger Schauspielhaus folgte.
Hier tanzen 24 Hamburger Lehrerinnen und Lehrer aus verschiedenen Schulen im Backstage-Programm des Schauspielhauses zusammen. Mittlerweile gab es schon erfolgreiche Gastspiele des Ensembles in anderen Bundesländern, wie zum Beispiel 2023 in Leipzig. Die Erfahrungen und innovativen Momente nimmt Nudelmann dann wieder mit in den Theaterunterricht an der Gretel. Ihre Schüler profitieren von ihrer Professionalität meist unmittelbar.
Milana Nudelmann ist ein starker, ein ausdrucksstarker Typ Frau. Auf der Bühne. Neben der Bühne, im schulischen Alltag und vermutlich auch sonst, ist sie - trotz Temperaments und optischer Extravaganz - eher von Zurückhaltung geprägt, macht nicht viel Aufsehen um Person und Erfolg. Gut so, finden wir. Als Schule, als Kollegium sind wir jedenfalls sehr stolz und glücklich, eine so feine Bühneneroberin unter uns zu haben. Das sehen unsere Schülerinnen und Schüler sicher auch so.
Ach ja. Was macht eine Tanz- und Theaterlehrerin eigentlich in ihrer Freizeit? Sie engagiert sich für ihre Heimat und Muttersprache. Erst im Februar spielte sie Theater, ein Minidrama von Kaidaschewski im Originaltext. Und Tanz? Aber natürlich! Argentinischer Tango ist seit geraumer Zeit ihr Favorit. Mit einem Tango könne man sich hervorrragend vom schulischen Stress befreien. Eines ist sicher: Sie tanzt diesen mit so viel Freude und Passion, wie sie ihren Job erledigt.