Das so genannte S2, also das zweite Semester der Studienstufe, ist das Intensivsemester für ein Fach, das es namentlich so gar nicht gibt. Berufsorientierung. Diese wichtige Disziplin wird aber sehr aktiv betrieben, regelmäßig unterrichtet und bewertet – im Fach Seminar.
Nachdem die Schülerinnen und Schüler drei Tage hintereinander Berufsorientierungstage hatten, meist unterwegs waren, berufliche Einblicke und Erkenntnisse gewannen, stand am letzten Schultag vor den Maiferien (17.5.24) das lebenspraktische Finale an: Finanztraining mit der Polizei und der Haspa an.
Der Kontext passte. In Ausbildung und Beruf wird ein Girokonto, werden monetäre Transfers immer relevanter. Damit steigen aber auch die Risiken, in Finanzfallen zu tappen, auf Betrugsmaschen hereinzufallen oder sich jegliche Kreditchancen zu verbauen. Also gab es am Vormittag in der Schulbibliothek Input und Dialog für die rund 60 Schülerinnen und Schüler.
Die Idee zu diesem lebenspraktischen Training kam von der Haspa, genauer gesagt von der Leiterin der Haspa-Filiale am Fleetplatz, Petra Wittenhagen. Die Betrugsfälle im Bereich Online-Banking nähmen in den letzten Jahren deutlich zu. Phishing sei hier nur ein Bereich, so Wittenhagen. Die jungen Menschen müssten besser vorbereitet sein auf die Gefahren, allgemein aber auch auf die Strukturen und Abläufe des alltäglichen Bankings. Hier sei eine Schulung für das leben sinnvoll.
Florian Giele, Wittenhagens Stellvertreter am Fleetplatz, sowie unsere Bürgernahe Beamtin und Cop4us Maren Suer bildeten sodann das Expertenteam: Giele als Kenner der Finanz- und Bankenwelt, Suer als Fachfrau für die strafrechtlichen Aspekte. Die Themen: Online-Banking via Banken, Sparkassen oder reinen Online-Playern wie PayPal oder Klarna sowie der Katalog an Gefahrenquellen.
Das so genannte Phishing ist einer dieser Tricks. Unter ausgeklügeltem Vorwand werden Zugangsdaten erschlichen oder gar der ganze Rechner trojanisiert. Gieles Hinweise, Daten seien wie Gold und niemals, niemals (!) würden Bankmitarbeiter am Telefon oder via Mail zur Herausgabe des Passwortes auffordern, sind für die Schülerinnen und Schüler einprägsam – haben doch schon einige selbst schlechte Erfahrungen gemacht.
Die Eiserne Regel, so Suer und Giele einhellig, laute: Immer kritisch sein! Das gelingt aber selbst einem Profi nicht immer. Selbstkritisch gibt Giele zu, in einem Anfall von Euphorie seine Mailadresse und Telefonnummer in die Unendlichkeit des WWW’s geschossen zu haben. Seitdem bekäme er regelmäßig Anrufe und Mails aus dem Ausland. Dieser Fauxpas ärgere ihn besonders.
Aber auch andere – im Stadtteil in letzter Zeit häufiger vorkommende - Tricks werden den zukünftigen Abiturienten vor Augen geführt. „Finanzagenten-Tätigkeiten“, also das Durchtransferieren und Säubern von in Wahrheit Betrugsgeldern, kann vor den Kadi führen. Nicht machen! Auch nicht für angeblich „Best Friends“, deren Konto angeblich gerade „tot“ sei.
Ebenso gefährlich ist das „schnelle Geldverdienen“ als so genannter Paketagent. Hier leitet man als „Paketbote“ billigen Ramsch weiter, verdient an jeder “Sendung” etwas mit. Der Adressat von Reklamationen und Strafanzeigen ist man allerdings auch.
Besondere Gefahren lauern auch im Online-Handel. Fakeshops, die täuschend echt solide Webunternehmen imitieren bis hin zu den Risiken beim Bezahlen. Gieles Tipp: Nie Vorkasse anklicken! Dieses Geld kann nicht zurückgeholt werden. Und auf alle Fälle immer über PayPal-Option „Business“ transferieren. PayPal Friends bietet keinen Käuferschutz, keine Rückbuchungsfunktion. Geld weg!
In den 60 Minuten Workshop kommt vieles auf den Tisch. Die Schülerinnen und Schüler bombardieren die beiden Experten mit ihren Fragen und Erfahrungsberichten. Ihnen wird klar, dass sie in manchen Situationen zu leichtfertig mit ihren Daten umgehen und wie simpel zum Beispiel Identitätsdiebstahl funktionieren kann. Kritisch sein, starke Passwörter und Aufmerksamkeit sind die Schlagworte der Diskussion.
Finales Thema ist die Schufa. Das privatwirtschaftliche Auskunftsunternehmen hat seine Berechtigung – auch die Banken profitieren von der Sammelleidenschaft an persönlichen Finanzdaten – sollte aber auch kritisch betrachtet werden. Ein Vorteil: Jedes Girokonto braucht Bewegung. Bewegung signalisiert ökonomischen Partizipationswillen. Nur Aktivität verschafft Einblick in Liquidität und Seriösität, wenn es zum Beispiel um Kreditfinanzierung geht. Der Nachteil: Der Score sinkt bei wirtschaftlicher Sorglosigkeit. „Schlechte Schufa, schlechte Chancen“.
Giele führt den staunenden Schülern (und anwesenden Kollegen) diverse Stolpersteine vor Augen, welche vermeintlich alltäglichen Aktionen die eigenen Score-Werte bei der Schufa negativ beeinflussen, zum Beispiel der Kauf auf Rechnung oder selbst häufiges Online-Glücksspiel. Auch das vielfache Mitnehmen von 0%-Finanzierungen spricht nicht für Solvenz und reduziere den Score, so Giele.
Das Ende des Finanztrainings bildet wieder das Plenum aus allen 60 Schülern der 12. Klassen. Sie dokumentieren mit ihren Beiträgen und einem dicken Applaus für die Referenten, dass dieser Vormittag inhaltlich ein Gewinn war, und zwar ein ganz lebenspraktischer.
Danksagung
Ein großes Dankeschön geht an die Haspa-Filiale am Fleetplatz und die Betrugsabteilung der Polizei Hamburg. Deutlich persönlicher wird es jetzt: Maren und Florian – well done“. ;-)